INGELHEIM – Das erste Ei hat Felix Harth „gelegt“. Und weil diese Innovation aus Granit so erfolgreich ist, haben sich die Eier im Laufe eines Jahres vermehrt. Nicht nur der Ingelheimer Winzer Jens Bettenheimer baut Weine in Stein aus, auch im Weingut Braunewell in Essenheim steht ein Produkt nordspanischer Steinmetzkunst, Fassungsvermögen 700 Liter. Derweil in Ingelheim der Fokus auf Weißburgunder, Spätburgunder und Blanc de Noir gerichtet ist, soll bei den Braunewells ein Riesling in Ruhe reifen. Harth: „Ich bin schon vor geraumer Zeit auf das Essenheimer Weingut aufmerksam geworden. Ich finde, diese jungen Winzer machen eine überzeugende Arbeit.“Bei Pilgerreise auf die Idee gekommenRückblick: Zwei Jahre ist es her, als der Zimmerermeister auf seiner Pilgertour auf dem Jakobsweg kurz vor Santiago de Compostella an einer Steinmetzwerkstatt Station machte. Intuitiv kam Harth der Gedanke, dass solche Granit-Eier die Facetten des Weinausbaus bereichern könnten. Wieder in der rheinhessischen Heimat angekommen, startet er umgehend sein Wein-Ei-Projekt. In Bettenheimer und Thilo Fetzer, Sommelier aus Sporkenheim und mittlerweile Geschäftsführer der Vinothek im Winzerkeller, fand er zudem die geeigneten Partner. Der Erfolg gab ihnen recht, der erste in Granit ausgebaute Sauvignon blanc der Appenheimer Lage 100 Gulden mit dem Namen „G 700“ – Granit und 700 Liter Fassungsvermögen – ist längst ausverkauft. „Der perfekte Spargelwein“, ist nicht nur Harth überzeugt. Ausgeschenkt wurde der „G 700“ übrigens nur an drei Orten, dem Landgasthof Fetzer, in Bettenheimers Kuhstall und in der Vinothek in Bingen.Auch das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Oppenheim (DLR) war auf das innovative Verfahren aufmerksam geworden. Es wurde wissenschaftlich überprüft, ob der Wein aus dem Ei tatsächlich einen qualitativen Unterschied macht. Ein kleines Edelstahlfass stand in der Halle Bettenheimers, mit gleichem Inhalt befüllt wie das spanische Granit-Ei. Und? „Das DLR hat uns die Laborergebnisse bisher nicht zur Verfügung gestellt.“ Harth hat sich den Generalvertrieb der spanischen Granit-Eier gesichert, die er in Deutschland, Österreich und der Schweiz vermarkten will. „Das Interesse an dieser ganz neuen Art des Weinausbaus wächst“, sagt Harth, der nun einen Schritt weiter in Richtung gehobene Gastronomie gehen will, „weil es Nachfragen gibt“. Sein Ziel ist es, „facettenreiche Produkte auf den Markt zu bringen“. Die Formel dafür ist so einfach wie schlüssig: unterschiedliche Winzer, verschiedene Herangehensweisen, erstklassige Weine. Es macht dem Holzfachmann, der selbst keinen Holzgeschmack im Wein mag, „ungemein viel Freude“, dass sich aus einem Experiment ein (noch) kleines Unternehmen entwickelt hat. Die vier Granit-Eier sind laut Harth aktuell die einzigen in Deutschland, was ja nicht so bleiben soll. Zumal die Weine aus dem Ei „viel feiner sind, weil der Granit atmet, weil die Aromen nicht überlagert werden“. Der Wein kommuniziere mit der Welt, „und das ist sehr spannend“. Eier aus Beton gibt es schon länger. „Doch die Weinsäure greift das Material an, der Geschmack des Weines verändert sich“, weiß Harth.Übrigens: Das Etikett mit dem Logo, also G 700, bleibt unverändert auf allen Flaschen. Einzig die Farbe soll variieren: Gold steht dann für Riesling, Silber für Weißburgunder. Nicht nur die Eier, auch die Weine wird der Zimmerermeister vermarkten. Sein „Hobby“ könnte irgendwann tatsächlich in Arbeit ausarten …